Medical Tribune schrieb am
23.05.2021:
Anti-Aging-Produkte halten der wissenschaftlichen Prüfung nicht stand
Wir antworten:
1. Verallgemeinerung
Die Aussage klingt absolut: alle Anti-Aging-Produkte halten der wissenschaftlichen Prüfung nicht stand. Das ist zu pauschal.
2. Mangelnde Differenzierung der Evidenzlage
Manche Produkte sind wissenschaftlich getestet worden – allerdings mit gemischten oder widersprüchlichen Ergebnissen. Zu sagen, sie „halten nicht stand“, ist zu undifferenziert.
3. Was daran nicht stimmt – speziell bei TA-65:
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Es gibt wissenschaftliche Studien zu TA-65
TA-65 ist ein Nahrungsergänzungsmittel auf Basis eines pflanzlichen Extrakts (Astragalus membranaceus), das Telomerase aktiviert.-
Mehrere peer-reviewed Studien haben positive Effekte auf Telomerlänge, Immunfunktion und Biomarker des Alterns gezeigt – z.B.:
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Harley et al. (2011) fanden Hinweise auf eine Verlängerung von Telomeren bei Menschen nach TA-65-Gabe.
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Dow and Harley (2016) berichteten über Immunmodulation und verminderte DNA-Schädigung.
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Diese Studien sind nicht unumstritten, aber sie zeigen, dass TA-65 der wissenschaftlichen Prüfung standhalten kann.
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Die Evidenz ist begrenzt, aber nicht gleich null
Die Studienlage ist noch nicht ausreichend, um medizinische Aussagen zu treffen – aber sie ist zu solide, um das Produkt pauschal als unwissenschaftlich abzutun. -
Vermischung von evidenzbasierten und unseriösen Produkten
Der ursprüngliche Satz wirft alle Anti-Aging-Produkte in einen Topf – damit werden Substanzen mit gewissen klinischen Daten wie TA-65 auf dieselbe Stufe gestellt wie rein marketinggetriebene Produkte ohne jede Wirkung.
4. Telomeraseaktivierung in Karzinomen
Die Telomerase ist ein Enzym, das die Telomerenden von Chromosomen verlängert und somit die Teilungsfähigkeit von Zellen erhält. In normalen somatischen Zellen ist die Telomerase weitgehend inaktiv, was zu einer natürlichen Telomerverkürzung und schließlich zur Zellalterung führt. In über 85 % der humanen Karzinome wird jedoch die Telomerase reaktiviert, um der Telomerverkürzung entgegenzuwirken und unbegrenzte Teilungen zu ermöglichen – ein Kennzeichen der Tumorprogression.
Diese Reaktivierung erfolgt als Folge onkogener Transformationen und ist kein primärer Auslöser der Karzinogenese.
Somit ist die Telomeraseaktivität in Krebszellen ein adaptiver Mechanismus zur Aufrechterhaltung der Zellteilung, nicht aber die initiale Ursache der malignen Entartung. Daraus folgt, dass ein exogener Telomeraseaktivator – wie TA-65 – nicht per se als karzinogen gelten kann, solange keine weiteren onkogenen Signale vorliegen.
Quellen:
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Shay, J.W. & Wright, W.E. (2011). Role of telomeres and telomerase in cancer. Seminars in Cancer Biology, 21(6), 349–353. https://doi.org/10.1016/j.semcancer.2011.10.001
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Hanahan, D., & Weinberg, R.A. (2011). Hallmarks of cancer: the next generation. Cell, 144(5), 646–674. https://doi.org/10.1016/j.cell.2011.02.013